Wenn Kirche in die Kneipe geht
Bierdeckel statt Gesangbuch, Tische und Stühle statt Kirchenbank, Popmusik statt Orgelklänge und zu Beginn kein Glockengeläut, sondern Anstoßen mit den Tischnachbarn – Am Sonntag ging die Kirche in die Kneipe, genauer in die Café-Bar Karibik in Kronach.
Kronach- Bier, Wein und Saftschorlen stehen auf dem Tisch, herzförmige Leckereien laden zum Naschen ein, die Angestellten mixen Cocktails an der Bar, Mitsummen und Mitwippen beim „Metallica“-Klassiker „Nothing else matters“– Es war ein ungewöhnlicher Ort, an dem am Sonntagabend gebetet, gesungen, sich ausgetauscht und die Liebe gefeiert wurde. Die drei katholischen Verbände KAB (Katholische Arbeitnehmerbewegung), CAJ (Christliche Arbeiterjugend) Bamberg und BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend) Diözesanverband Bamberg luden zu einem Kneipen-Gottesdienst in die Café-Bar Karibik ein – und freuten sich über einen unerwartet hohen Zuspruch.
„Ich kann nicht in den Gottesdienst kommen, da muss ich arbeiten oder mich nach der Arbeit erholen. Aber, wenn Du mit Deiner Kirche zu mir in die Kneipe kommst, bin ich dabei“ -Aussagen wie diese motivierten uns dazu, genau dies einmal auszuprobieren“, bekundete das Leitungsteam-Mitglied des KAB-Kreisverbands Kronach-Hof, Georg Gremer, der sich auch in der Aktivistengruppe „KAB als Kirche in der Gesellschaft“ des KAB-Diözesanverbands engagiert. Um das neu entstandene Zukunftskonzept der KAB mitzutragen, fanden sich im Herbst 2022 engagierte Mitglieder aus dem Diözesanverband in Arbeitsgruppen zu Kernthemen der KAB zusammen, darunter auch „KAB als Kirche in der Gesellschaft“. In einer Kooperation mit den Verbänden CAJ, BDKJ und dieser KAB-Aktivistengruppe stellte man sich die Frage, wie man Kirche etwas sichtbarer machen sowie jüngere und auch kirchenfernere Menschen mit christlichen Themen ansprechen und erreichen könne, ohne sie zu vereinnahmen. Gerade auch außerhalb der Kirche; dort, wo sie hingehen und leben.
„Entstanden sind bei diesen Überlegungen Ideen wie Gottesdienste zum Erhalt der Schöpfung, Gottesdienste im Baumarkt und eben Kneipen-Gottesdienste“, so der Wolfersgrüner. Gottesdienste zum Erhalt der Schöpfung wurden im Vorjahr bereits zwei gestaltet: in der Kirche St. Elisabeth am Sand in Bamberg und vor der Wanderhütte Herrgottswinkel bei Wallenfels. Die Umsetzung des Gottesdiensts im Baumarkt steht noch aus. Der erste Kneipen-Gottesdienst zum Pop-Hit „Imagine“ von John Lennon am 13. Oktober 2024 in einer Kneipe am Stephansberg im Bamberg war ein voller Erfolg. Daher geht es weiter. Man habe dabei gar keinen so hochtrabenden Anspruch und man wolle die Besucher, die vermutlich aus ganz unterschiedlichen Überlegungen und Motivationen dazu kämen, auch nicht erschlagen. Die Musik soll im Mittelpunkt stehen; dieses Mal - auch in Zusammenhang mit dem zwei Tage vorher gefeierten Valentinstag - „Nothing else matters“,
„Wo lebe ich Liebe? Wen oder was liebe ich? Wo lebe ich Nächstenliebe? Wo kann ich Licht für andere Menschen sein und ihnen Hoffnung bringen - ganz in meiner Nähe, in meiner Familie, in meinen Beziehungen oder auch für Menschen, die ganz weit weg sind“, warf Pfarrer Dieter Jung, geistlicher Begleiter der CAJ, eingangs in den Raum. Zerbrochene Beziehungen schmerzlicher Art, gerade auch, wenn der Partner oder die Partnerin verstorben sei - Auch dies gehöre zum Leben und zur Liebe dazu. Liebe sei zerbrechlich und kostbar; müsse gepflegt werden.
„Hauptsache Liebe“ – „Nothing else matters!“ (nichts anderes zählt)
In einem eindrücklichen Dialog veranschaulichten Stefan Huber (KAB) von der Universität Bamberg und der Pfarrer den vorher von KAB-Verbands- und Rechtsreferentin Manuela Mähringer vorgetragenen Bibeltext aus Joh 21, 15-19. In diesem merkwürdigen Zwiegespräch stellt Jesus seinem Apostel Petrus drei Mal die Frage: „Liebst du mich?“ Ein Frage- und Antwortspiel der besonderen Art und eine Klärung der Beziehung zwischen den beiden, dessen besondere Strategie uns Rätsel aufgibt.
„Was geht denn hier ab? Was meint Jesus mit seiner provokanten Frage? Meint er Liebe? Freundschaft oder Partnerschaft?“, sinnierte Stefan Huber. Laut dem Pfarrer gehe es dabei insbesondere um Treue, um beständige, leidensfähige Liebe. „Im „Liebes-Dialog“ zwischen Jesus und Petrus ist ein Verb für lieben nicht verwendet - „Erotik“ - davon kommt auch unser Wort Erotik. Also um Erotik oder Sex geht es schon mal nicht zwischen den beiden“, verdeutlichte der Pfarrer. Jesus frage Petrus zweimal mit dem Verb „agapao“, mit der alles übersteigenden Liebe. Und Petrus antworte mit „phileo“, mit der freundschaftlichen Liebe.
Im weiteren Verlauf konnten die Besucher in freien Bitten ihre Anliegen oder ihren Dank vor Gott bringen, mit dem gemeinsamen Taizé-Ruf „Ubi caritas et amor“ („Wo Güte und Liebe“) als Antwort. In einem Augenblick der Stille konnten die Gottesdienstbesucher für ihre Lieben ein Teelicht auf den Tischen anzünden. Zudem waren sie angehalten, ein „Liebeswort“ oder ein „liebes Wort“ auf eine „Karte mit Herz“ zu schreiben und weiterzugeben bzw. zu verschicken.
Segen für die Liebe
Der innige Höhepunkt des Abends war die Möglichkeit der persönlichen Segnung durch den Pfarrer und Stefan Huber – als Einzel- oder Paarsegnung, was von vielen Anwesenden angenommen wurde. Während des Gottesdienstes, in den sich auch Dominik Schrepfer (CAJ) maßgeblich einbrachte, erklang immer wieder instrumental oder gesungen der Motto-Song „Nothing else matters“. Auch neues geistliches Liedgut wurde gemeinsam angestimmt. Da Liebe bekanntlich auch durch den Magen geht, gab es auf den Tischen kleine süße Leckereien in Herzform. Im Anschluss konnte man bei einem Bier und leckerem Essen über das, was zu Herzen gegangen war und auf dem Herzen lag, ins Gespräch kommen. hs
Bilder: Ein gepflegtes Bier trinken, über Gott und die Welt reden – Am Sonntagabend fand der erste Kneipen-Gottesdienst in der Café-Bar Karibik in Kronach statt.
· 1: Pfarrer Dieter Jung sprach zum Thema Liebe.
· 2: Der Kneipen-Gottesdienst war gut besucht.
· 3: Stefan Huber (KAB) begleitete einige Lieder an der Gitarre.
· 4 - 6: Viele Besucher nutzten die Möglichkeit der persönlichen Segnung.